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Programm der 9. Anarchietage in Winterthur 2018

Öffnungszeiten der Veranstaltungsorte: Freitag ab 18:00h | Samstag ab 9:00 | Sonntag ab 10:00h

Klicke auf die Titel für mehr Infos zu den Veranstaltungen.

Freitag 9.2. | Alte Kaserne

18.00 Z'nacht

20.00
Neben der und über die Volksschule hinaus.
Diskussion über freiheitliche Alternativen zur staatlichen Bildung

Diskussion mit Bildungsaktivist*innen, Unschooler*innen, Unterrichtenden und allen Anwesenden
Die überwiegende Mehrheit der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen in der Schweiz besucht die Volksschule. Doch gibt es auch Alternativen zum staatlichen Bildungsangebot: Privatschulen ganz verschiedenen Typus oder die Möglichkeit, Kinder zu Hause zu unterrichten ("Homeschooling"). Noch einen Schritt weiter gehen die sogenannten "Unschooler", welche die Idee eines wie auch immer gearteten Lehrplans ablehnen.

Als Anarchistinnen und Anarchisten lehnen wir den Staat und damit auch das staatliche Bildungsmonopol ab. Es widerspricht auch unserer Auffassung von Emanzipation und individueller Freiheit, wenn einE vermeintlicheR ExpertIn (LehrerIn) Lernenden Wissen in einer Form vermittelt, dessen Hinterfragung nicht gewünscht ist und das zudem kaum einen kritischen Geist, doch umso mehr die Eingliederung in die kapitalistische Verwertungsmaschinerie fördert. Anderseits ist der Volksschule zugutezuhalten, dass sie eine der wenigen Orte ist, in denen in einer ansonsten hoch segregierten Gesellschaft Kinder aus allen sozialen Schichten zusammentreffen und wo ihnen zumindest theoretisch dieselben Chancen und Möglichkeiten geboten werden. Somit kann es aus einem Gleichheitsgedanken heraus auch nicht das Ziel sein, unkritisch die Individualisierung von Bildung zu fordern.

Doch Bildung ist nicht nur ein Thema, dass sich auf Kinder beschränkt. (Neoliberale) Forderungen wie "lebenslanges Lernen" oder die Nachfrage von ArbeitgeberInnen nach (teuren) Diplomen, doch auch das Bedürfnis, den eigenen Horizont mit passenden Angeboten zu erweitern, macht Bildung gleichermassen zu einem Thema weit über die Kinder- und Jugendjahre hinaus. Bildung hatte auch einen hohen Stellenwert in den emanzipatorischen Bewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts - ArbeiterInnen-Bewegung, Frauenbewegung etc. - als Mittel zur eigenen und mittelbar der gesellschaftlichen Befreiung. Daher wollen wir auch einen Blick werfen nicht nur neben, sondern über die Volksschule hinaus: Auf einen Bildungsaktivismus, der das gleiche Recht auf Bildung nicht nur einfordert, sondern auch in der Praxis umzusetzen versucht.

Samstag 10.2. | Alte Kaserne

09.00 Z'morge

Diskussionsrunden mit Inputreferaten
Pro Block stehen zwei Themen zur Auswahl, die zu Beginn mit einem Inputreferat kurz und thesenartig vorgestellt und anschliessend diskutiert werden.

- Block 1

10.00
Elternschaft* und Aktivismus
Input-Referat: Politisch aktive Eltern
Eltern zu werden führt zu tiefgreifenden Veränderungen der persönlichen Lebenswelt. Den Eltern wird ein Stück Autonomie genommen und die freie Zeit wird zu einem knappen Gut. Wie wirkt sich dies auf den politischen Aktivismus aus?
Und was bedeutet Elternschaft im Kontext von anarchistischen Idealen für die "Erziehung" von Kindern? Was sind die Herausforderungen im speziellen für Mütter in einer patriachalen Gesellschaft? Wie gehen wir mit Widersprüchen im alltäglichen Leben um? Über diese und weitere Fragen wollen wir uns austauschen - Eltern und alle interessierten Personen.

*Mit Elternschaft ist die soziale Elternschaft gemeint, welche keine rechtliche oder biologische Elternschaft voraussetzt. Eltern meint damit alle Bezugspersonen von Kindern, welche ihnen Zuwendung entgegenbringen und langfristig Verantwortung für sie übernehmen.

10.00
Die Tyrannei unstrukturierter Gruppen
Input-Referat: Mäk
An den Plenas quatschen immer dieselben? Ein Beschluss wird gefasst und nach der Sitzung ist immer noch unklar, was eigentlich beschlossen wurde? Nur die Leute, die regelmässig miteinander abhängen kriegen mit, was überhaupt läuft?

Zusammen wollen wir über unsere k(r)ämpfe in unseren Strukturen sprechen, unsere eigenen Abläufe reflektieren, neue Möglichkeiten ausleuchten, von einander lernen und konkretes Mitnehmen.
- Wie gehen wir mit unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen um? Wie begegnen wir informellen Hierarchien oder der Reproduktion von Unterdrückungsformen in unseren Strukturen?

- Block 2

14.00
Älter werden und aktiv bleiben!
Input-Referat: Michael Dandl
Es ist ja schon nicht einfach, allen disziplinierenden und ideologisch überfrachteten Sozialisationsbedingungen zum Trotz Aktivist*in einer systemantagonistischen, emanzipatorischen Linken zu werden; aber was noch viel schwieriger ist, ist das individuelle, von der "Politik der Ersten Person" geprägte Überwinden der durchschnittlichen "Halbwertszeit" radikalen Engagements, die sich bei zwei bis fünf Jahren einpendeln dürfte.

Michael Dandl aus Heidelberg ist solch ein "älter gewordener" und "aktiv gebliebener" Aktivist*. Seit Mitte der 1980er Jahre engagiert er* sich - als Mitglied unterschiedlichster linker/linksradikaler Vereine, Organisationen, Gruppierungen, Zusammenschlüsse - gegen Faschismus, Klassismus, Rassismus, Sexismus und ist immerwährend am Aufbau, am Organisieren und an der Aufrechterhaltung herrschaftsfreier oder -armer Diskursräume beteiligt.

Mit fast 50 Lebensjahren wird er* häufig mit latentem oder offenem Ageismus (in der Politszene) konfrontiert, weil das permanente Postulieren einer theoretischen und praktischen "Agilität" revolutionärer oder herrschaftskritischer Bewegungen bei den einzelnen Protagonist*innen derselben als "flirrende Abneigung" gegen "alte Häsinnen* und Hasen" internalisiert und dementsprechend "szeneintern" kolportiert wird. Warum sich Dandl trotzdem noch nicht in einen alles lähmenden Zynismus, in die pure Affirmation, in die pure Negation oder gar in die pure Ignoranz "geflüchtet" hat - darum soll es in seinem* Input-Referat gehen.

Folgende Thesen oder offene Fragen sollen zur Diskussion gestellt werden:
- Sind revolutionäre Milieus per se "altenfeindlich"?
- Die permanente Auseinandersetzung mit Themen/Aktionen, die einen grundlegenden Wandel der gesellschaftlichen und produktionstechnischen Verhältnisse herbeiführen sollen, führt bei den sozial bewegten Einzelpersonen zu individueller Frustration (bei Nichterreichung) und schließlich zum Entschluss, "die Szene" zu verlassen und mit ihr "den Kampf" aufzugeben.
- Wie entwickeln sich Menschen, die älter werden?
- Ist das Verhältnis "Alter versus Jugend" per se ein kampfgeprägtes, ein kampferprobtes Herrschaftsverhältnis oder nur eine unterschiedliche Perspektive auf Erfahrung? Was aber ist "Erfahrung"?

14.00
Revolution als Alltag
Gemeinsame Ökonomie und kollektive Organisation vom Leben

Input-Referat: RaAupe
RaAupe ist ein Kollektiv, das im Hier und Jetzt durch unser Tun und Lassen im Alltag versucht, zu einer nicht-kapitalistischen und solidarischen Gesellschaft beizutragen. Unser Ziel ist es, Teilbereiche des Lebens wie Lohnarbeit, Carearbeit, Güterproduktion, politischer Aktivismus und kritische Bildung gemeinsam zu koordinieren und organisieren. Deshalb leben wir auch in gemeinsamer Ökonomie, kurz wir teilen unser Geld, ohne dass wir miteinander wohnen.

Wir möchten euch unsere Idee, unsere Strukturen und unsere (ungelösten) Fragen vorstellen und mit euch anhand der Erfahrungen gemeinsam diskutieren, wie und ob das Revolutionäre im Alltag unterzubringen ist.

18.00 Z'nacht & offenes Abendprogramm

Sonntag 11.2. | QGM

11.00
Disrupt! - Widerstand gegen den technologischen Angriff
Vortrag: çapulcu
"DISRUPT! - Widerstand gegen den technologischen Angriff" beschreibt die Versuche, das menschliche Dasein den Anforderungen einer reduktionistischen künstlichen Intelligenz zu unterwerfen. Der Anpassungsdruck des Menschen an die Maschine wirkt bereits jetzt - weit vor einer vollständigen Vernetzung aller mit allem. Das redaktionskollektiv çapulcu dechiffriert diese - oft unhinterfragte - Entwicklung als Angriff auf unsere Autonomie und analysiert seine entsolidarisierende Wirkung. Denn Technologie ist nie neutral, sondern immanent politisch.
Mit Macht vorangetriebene technologische Schübe sind schwer und selten umkehrbar, sobald sie gesellschaftlich erst einmal durchgesetzt sind und der darüber geprägte 'Zeitgeist' selbstverstärkend für die notwendige Stabilisierung gesorgt hat. Warten wir, bis sämtliche Erscheinungsformen und Konsequenzen dieses Angriffs auf unsere Sozialität (all-)gegenwärtig geworden sind, haben wir verloren. Es bliebe uns dann nur noch eine Analyse der vermeintlichen 'Entwicklung' in Retrospektive.
Ein Gegenangriff auf die Praxis und die Ideologie der totalen Erfassung erscheint deshalb zwingend notwendig. Die Referent*innen plädieren für die Wiederbelebung einer praktischen Technologiekritik zwischen Verweigerung und widerständiger Aneignung spezifischer Techniken.

https://capulcu.blackblogs.org/

13.00 Suppen Z'mittag

14.00
Einführung in Tails - Ein Live-Betriebssystem zur sicheren Kommunikation
Workshop: çapulcu
Seit den "späteren" Snowden-Veröffentlichungen vom März 2014 wissen wir leider mit Sicherheit, dass die Geheimdienste NSA, GCHQ und weitere für eine maßgeschneiderte Infiltration unserer Rechner keine menschlichen Hacker mehr benötigen, sondern automatisiert mit dem Spionageprogramm "Turbine" unbemerkt spezifische SchnüffelSoftware auf unseren Rechnern installieren. Wir empfehlen angesichts dieser Angreifbarkeit über massenhaft infizierte Rechner, Tails als unveränderliches "Live-Betriebssystem" für das Kommunizieren, die Recherche, das Bearbeiten und Veröffentlichen von sensiblen Dokumenten zu benutzen. Ein Live- Betriebssystem ist ein eigenständiges Betriebssystem, was von DVD oder USB-Stick gestartet werden kann, ohne es zu installieren. Euer Standard-Betriebssystem auf der Festplatte wird nicht angefasst.
Tails hilft euch bei der Bearbeitung von sensiblen Text-,Grafik- und Tondokumenten. Tails verwendet beim Surfen, Mailen und Chatten automatisch die Anonymisierungssoft ware "Tor" und verändert zusätzlich die sogenannte "MAC-Adresse" eurer Netzwerkkarte. Was das ist und wozu das von Nutzen ist, erklärt euch die Einführung dieser Anleitung. Tails hinterlässt bei richtiger Nutzung keine Spuren auf dem Rechner - eure Festplatte bleibt unberührt. Ein eventuell (auf Betriebssystemebene) eingeschleuster Schadcode kann sich auf einer Live-DVD oder einem schreibgeschützten Live-USB-Stick als Start-Medium nicht "festsetzen" und euch beim nächsten Rechnerstart nicht mehr behelligen.

Diese Anleitung erhebt den Anspruch, auch für Computer-Nicht-Expert*innen verständlich und nützlich zu sein.

https://capulcu.blackblogs.org/

       
Libertäre Aktion Winterthur | www.libertaere-aktion.ch | law@arachnia.ch
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